Unternehmensrecht

In der Praxis spielt die Einziehung von Geschäftsanteilen, meist von solchen an einer GmbH oder UG, zumeist dann eine Rolle, wenn ein Gesellschafter Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag nicht erfüllt oder seinen Geschäftsanteil kündigt.

Gesetzlich geregelt ist die Einziehung von Geschäftsanteilen in § 34 GmbHG. Da die Regelung aber nicht umfassend ist, sind viele Aspekte im Zusammenhang mit der Einziehung durch die Literatur und die Rechtsprechung herausgearbeitet worden. In der Folge kann es zu einer gewissen Unschärfe bei der Rechtsanwendung kommen, die eine gewissenhafte Prüfung unentbehrlich macht.

Was passiert mit eingezogenen GmbH Geschäftsanteilen?

Eingezogene Geschäftsanteile gelten als vernichtet. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass durch die Einziehung der Betrag des Stammkapitals unverändert bleibt. In der Folge kann es zu einer Differenz zwischen dem Nennbetrag der noch existenten Geschäftsanteile und dem Betrag des Stammkapitals kommen. Aus diesem Grund sind sehr häufig mit der Einziehung begleitende Maßnahmen erforderlich.

A, B, C und D sind Gesellschafter der X GmbH mit einem Stammkapital von EUR 25.000. Die vier Gesellschafter halten jeweils 6.250 Geschäftsanteile mit einem Nennwert von je einem Euro. Nun wird der Geschäftsanteil von D eingezogen. trotz der Einziehung beträgt das Stammkapital der X GmbH weiterhin EUR 25.000. Der summierte Nennbetrag der Geschäftsanteile der verbliebenen Gesellschafter A, B und C beträgt jedoch nur noch EUR 18.750 (6.250 * 3).

Zur Behebung der Divergenz zwischen der Summe des Nennwertes aller noch existierenden Geschäftsanteile und des Stammkapitals sind weitere Maßnahmen erforderlich.

Voraussetzungen für die Einziehung von Geschäftsanteilen an einer GmbH oder UG

Nach der Regelung im § 34 Abs. 1 GmbHG ist für die Einziehung von Geschäftsanteilen eine Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich, die gemäß § 34 Abs. 2 GmbHG die für die Einziehung maßgeblichen Voraussetzungen benennt. Ohne eine Regelung im Gesellschaftsvertrag können Geschäftsanteile zumindest nicht gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters eingezogen werden.

Ferner können nur voll eingezahlte Geschäftsanteile eingezogen werden.

Es ist dringend zu empfehlen, die Möglichkeit und die Voraussetzung der Einziehung im Gesellschaftsvertrag zu regeln. Die konkrete Gestaltung hängt dabei stark von der Struktur der Gesellschaft und den Bedürfnissen der Gesellschafter ab. Ratsam ist es aber zumindest die folgenden Gründe für eine Einziehung zu benennen:

  • Der betroffene Gesellschafter ist mit der Einziehung einverstanden
  • Der betroffene Gesellschafter hat seinen Geschäftsanteil gekündigt
  • Der Geschäftsanteil wurde gepfändet oder Ziel von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
  • Über das Vermögen des betroffenen Gesellschafters wurde das Insolvenzverfahren eröffnet
  • In der Person des betroffenen Gesellschafters liegt ein wichtiger Grund. Dies ist insbesondere dann der Fall wenn der Gesellschafter gegen wesentliche Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag verstoßen hat.

Formulierungsbeispiel für eine rudimentäre Regelung zur Einziehung von Geschäftsanteilen in der Satzung einer GmbH oder UG:

Die Einziehung eines Geschäftsanteils ist auch ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters zulässig, wenn
1. der maßgebliche Geschäftsanteil von einem Gläubiger des Gesellschafters gepfändet oder sonst wie in diesen vollstreckt wird.
2. über das Vermögen des Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder der Gesellschafter die Richtigkeit seines Vermögensverzeichnisses an Eides statt zu versichern hat.
3. in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt, der seinen Ausschluss aus der Gesellschaft rechtfertigt. Ein solcher Grund liegt insbesondere bei einem schwerwiegenden oder wiederholten Verstoß gegen Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis vor.
4. der Gesellschafter seinen Geschäftsanteil gekündigt hat.

Wie läuft die Einziehung von Geschäftsanteilen ab?

Die Durchführung der Einziehung erfolgt mittels eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, des sogenannten Einziehungsbeschlusses. Die für den Einziehungsbeschluss erforderliche Mehrheit ergibt sich in der Regel aus dem Gesellschaftsvertrag. Sofern dieser keine Angaben enthält, genügt die einfache Mehrheit.

nach der Fassung des Einziehungsbeschlusses durch die Gesellschafterversammlung ist die Einziehung gegenüber dem Gesellschafter, dessen Anteile ganz oder teilweise eigezogen werden sollen, bekanntzugeben (sog. Einziehungserklärung). nach wohl herrschender Auffassung, handelt es sich bei der Einziehungserklärung um eine formlose empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne von § 130 Abs. 1 BGB, die durch die Geschäftsführung der Gesellschaft abzugeben ist. Für die Wirksamkeit der Einziehung ist es daher erforderlich, dass die Einziehungserklärung dem betroffenen Gesellschafter tatsächlich zugeht. Die Beweislast für den Zugang der Einziehungserklärung trägt die Gesellschaft. Eine besondere Form ist für die Einziehungserklärung nicht vorgeschrieben. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte zu Dokumentationszwecken mindestens Textform gewählt werden.

Nicht erforderlich ist eine Einziehungserklärung in Fällen, in denen der von der Einziehung betroffene Gesellschafter am Einziehungsbeschluss mitgewirkt hat (wie zum Beispiel im Fall der Einziehung mit Zustimmung des Gesellschafters) oder bei der Beschlussfassung anwesend war. Im letzten Fall sollte auf eine ordentliche Protokollierung der Beschlussfassung geachtet werden. Abzuraten ist bei dieser Konstellation von der Einziehung im Wege eines Umlaufbeschlusses.

Anspruch auf Abfindung für eingezogene Geschäftsanteile

Für die eingezogenen Geschäftsanteile steht dem betroffenen Gesellschafter grundsätzlich gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zu. Regelungen für die Ermittlung des Abfindungsguthabens und die Auszahlungsmodalitäten sollte der Gesellschaftsvertrag enthalten. Andernfalls sind die wirtschaftlichen Konsequenzen der Einziehung für die Gesellschaft oft nicht ohne weiteres feststellbar. Zudem können die Details der Abfindungsermittlung streitbehaftet sein. Für die Existenz des Abfindungsanspruches ist es indes ohne Belang, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zu den Modalitäten der Abfindung enthält.

Christian Feierabend

Christian Feierabend

RECHTSANWALT UND FACHANWALT FÜR INTERNATIONALES WIRTSCHAFTSRECHT

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