Vollstreckbarkeit ausländischer Unterhaltstitel in Deutschland

Vollstreckbarkeit ausländischer Unterhaltstitel in Deutschland

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Beschluss vom 09.06.2021 (Aktenzeichen XII ZB 416/19) über die Vollstreckbarkeit eines amerikanischen Unterhaltstitels in Deutschland. Laut diesem Beschluss kann eine Vollstreckungsklausel für einen ausländischen Unterhaltstitel verweigert werden, wenn dem Schuldner im Rahmen der Entscheidung des Ursprungsstaats nicht die Möglichkeit gegeben wurde, sich zu verteidigen.

Der Sachverhalt

Konkret ging es bei dem Beschluss des BGH um ein geschiedenes Ehepaar, dessen drei Kinder in Florida, USA zur Welt gekommen sind. Nach der Scheidung wurde der Vater der Kinder zu monatlichen Unterhaltsleistungen in Höhe von knapp 1.000 US-Dollar verurteilt, das Urteil stand jedoch unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung. Anschließend kehrte der Mann nach Deutschland zurück, kam der Unterhaltsverpflichtung jedoch nicht weiter nach.

Sieben Jahre später wurde der Mann von demselben US-amerikanischen Gericht zur Zahlung von Unterhaltsrückständen in Höhe von 70.000 US-Dollar verurteilt. Bei dieser Entscheidung war er nicht anwesend und die Post des Gerichts konnte ihm in den USA nicht zugestellt werden, die (ihr bekannte) deutsche Anschrift hatte die Klägerin dem Gericht nicht mitgeteilt. Nachdem das Urteil sodann Rechtskraft erlangt hat, beantragte die Frau beim Amtsgericht Frankfurt am Main, das Urteil zwecks Vollstreckung mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen. Weil der Mann erst zu diesem Zeitpunkt überhaupt Kenntnis über das amerikanische Urteil erlangte, reichte er zunächst eine Beschwerde beim Oberlandesbericht Frankfurt am Main ein. Die Beschwerde hatte Erfolg und die Entscheidung wurde anschließend auch vom BGH bestätigt.

Die Entscheidung des BGH

 

Der BGH entschied, dass die ausländische Entscheidung in Deutschland nicht anerkannt werden könne, wenn sie ohne Anhörung des Betroffenen ergangen ist. Hierbei beruft der BGH sich auf Art. 23 Abs. 7a in Verbindung mit Art. 22e Nr. i des Haager Unterhaltsübereinkommens 2007 (HUÜ 2007).

Die fehlende Anhörung ist nach dieser Regelung nur dann unschädlich, wenn der Betroffene von dem Verfahren ordnungsgemäß benachrichtigt worden ist. Maßgeblich sei dabei nach der Ansicht des BGH jedoch nicht, ob die Zustellung nach den Verfahrensregeln des Ursprungsstaates ordnungsgemäß abgelaufen ist, sondern, ob der Betroffene eine tatsächliche Möglichkeit hatte, seine Verteidigungsrechte wahrzunehmen.

Sofern der Betroffene nämlich keinerlei Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine nachteilige Gerichtsentscheidung hat, liege ein schwerwiegender Zustellungsmangel und letztlich die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Dieses Recht ist im deutschen Grundgesetz nach Art. 103 Absatz 1 GG geschützt und steht jedermann zu.

Demnach war die in Florida geltende Zustellungsfiktion im Falle der Nichtmitteilung einer aktuellen Anschrift unbeachtlich. Da der Mann sich faktisch gegen die Entscheidung nicht verteidigen konnte, konnte hinsichtlich des Titels keine Vollstreckbarkeitserklärung in Deutschland ergehen.

Abweichendes gelte nach Ansicht des BGH nur, sofern der Betroffene sich durch entsprechende Handlungen bewusst der Zustellung entzieht.

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