US-Amerikanisches Erbrecht

Die US-Amerikanischen Regelungen zur Nachlassabwicklung unterscheiden sich in erheblicher Weise von den deutschen Regelungen.

Zunächst ist zu beachten, dass in den USA kein einheitliches Erbrecht und Nachlassverfahrensrecht existiert. Vielmehr hat jeder der 50 US-Bundesstaaten sein eigenes Erbrecht. Dies resultiert aus der Organisation der USA als Mehrrechtsstaat.

Allgemein ist in den USA nur in bestimmten Fällen überhaupt ein Nachlassverfahren einzuleiten, was sich aus der für alle Bundesstaaten geltenden Regelung in Artikel 3 des Uniform Probate Code (UPC) ergibt. So ist die Einleitung beispielsweise erforderlich, wenn ein Grundstück/Haus, Wohnungseigentum oder ein Girokonto vererbt wird, nicht aber z.B. im Falle eines POD- (Payable on Death) oder TOD- (Transfer on Death) Accounts sowie Schenkungen auf den Todesfall im Zusammenhang mit Immobilien. Letztere stellen Beispiele von Vermögenswerten dar, die „außerhalb des Nachlasses“ übergehen, sodass hier kein Nachlassverfahren erforderlich ist.

Testamente

Liegt ein Testament vor, welches die Erbfolge regelt, so wird dessen Wirksamkeit auf Antrag von einem Gericht überprüft. Es erteilt in diesem Falle eine Testamentsbestätigung (probate).

Eigentum an den Nachlassgegenständen

Hinsichtlich der Eigentumslage an den Nachlassgegenständen ist zu differenzieren zwischen beweglichen Gegenständen und Grundvermögen. Während das Eigentum an beweglichen Nachlassgegenständen zunächst auf den Nachlassabwickler übergeht, geht das Grundvermögen unmittelbar auf den Begünstigten oder dessen Treuhänder über. Hierbei hat jedoch der Nachlassabwickler das alleinige Verfügungs- und Verwaltungsrecht, sofern dies für die Abwicklung des Nachlasses erforderlich ist. Die Wahrnehmung dieses Rechts darf dabei lediglich im Sinne des Begünstigten erfolgen.

Nachlassabwickler und Nachlasspfleger

Parallel zur Prüfung des Testaments durch das Gericht kann die Bestellung eines Nachlassabwicklers (special representative) durch Antrag an das Gericht erfolgen. Das Gericht ernennt dann die nach dem Gesetz vorrangig zuständige Person. Andernfalls kann auch ein vom Erblasser benannter Nachlassabwickler ernannt werden, sofern keine Ausschlussgründe vorliegen. Liegen alle Voraussetzungen vor, so wird das Nachlassgericht dem Nachlassabwickler ein Zeugnis über seine Bestellung erteilen. Dieses Zeugnis ist nur in dem jeweiligen Bundesstaat gültig und muss daher, sofern auch in anderen Staaten Teile des Nachlasses belegen sind, entsprechend auch in dem anderen Bundesstaat beantragt werden.

Der ernannte Nachlassabwickler ist zuständig für die weitere Verwaltung der Nachlassgegenstände. Dies reicht von der Sicherung und Inbesitznahme über die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses bis hin zu der Tilgung von Schulden, der Auszahlung an weitere Berechtigte und der Erfüllung von Vermächtnissen.

Zudem hat der Nachlassabwickler eine Einkommenssteuererklärung über das Einkommen des Erblassers im Todesjahr sowie über den Nachlass selbst abzugeben. Insofern treffen ihn auch steuerliche Verpflichtungen.

Vor der Ernennung des Nachlassabwicklers oder im Falle, dass dessen Bestellung beendet wird, kann zum Schutz des Nachlasses auch ein Nachlasspfleger (special administrator) ernannt werden. Dies ist auf Antrag einer sogenannten „interessierten Person“ möglich und die Entscheidung erfolgt in einem formlosen Verfahren. Nachlasspfleger kann jeder Erbe, Vermächtnisnehmer, Treuhänder oder beispielsweise ein Verwandter oder ein Gläubiger sein, der einen Anspruch oder ein Eigentumsrecht in Bezug auf den Nachlass oder Treuhandvermögen hat. Die Aufgabe des Nachlasspflegers besteht darin, das Nachlassvermögen zu sammeln, dieses zu verwalten, zu erhalten und zu übergeben sowie Rechenschaft darüber abzulegen. Somit hat der Nachlasspfleger – mit wenigen Ausnahmen, welche beispielsweise in der Bestellung festgelegt sind – die Befugnisse des Nachlassabwicklers.

Die Abwicklung des Nachlasses

Der Nachlassabwickler eröffnet zunächst ein Nachlasskonto (estate account) und ermittelt die dafür erforderliche Steuernummer. Auf dieses Konto wird das infolge einer Auskunft bei verschiedenen Finanzinstitutionen festgestellte Guthaben des Erblassers übertragen.

Zudem wird ein vom Nachlassabwickler erstelltes Nachlassverzeichnis bei Gericht eingereicht, welches verschiedene Informationen über die vom Erblasser Begünstigten Personen enthält, sodass diese Personen über ihnen etwaig zustehende Ansprüche in Kenntnis gesetzt werden können.

Infolgedessen nimmt der Nachlassabwickler die Prüfung der von Gläubigern angemeldeten Forderungen vor und kümmert sich um deren Tilgung.

Sind alle Verbindlichkeiten und steuerlichen Verpflichtungen in Bezug auf den Nachlass erfüllt, kann der Nachlassabwickler zur Auszahlung an die Begünstigten übergehen. Hierbei wird regelmäßig jedoch ein Teilbetrag zur Sicherung von sich möglicherweise erst später ergebenden Verpflichtungen einbehalten. Zuletzt wird ein finaler Rechenschaftsbericht vom Nachlassabwickler an die Begünstigten übermittelt.

Zu weiteren Aspekten des US-Amerikanischen Erbrechts und den Berührungspunkten mit dem deutschen Erbrecht informieren wir Sie in den noch folgenden Artikeln dieser Reihe.

Autor: Michael Heinze, Rechtsanwalt am Standort Köln

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