Der BGH verhandelt aktuell über eine mögliche Mietminderungsberechtigung von Geschäftsinhabern, deren Geschäfte aufgrund der Corona-Pandemie und dem daraufhin von der Bundesregierung verhängten Lockdown zeitweise schließen mussten, Az.: XII ZR 8/21.
Der Verhandlung liegt folgender Fall zugrunde:
Eine in Sachsen gelegene Filiale einer Textileinzelhandelskette musste im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 corona-bedingt schließen. Aufgrund der damit einhergehenden massiven Einbußen ihres Nettoumsatzes verweigerte diese die Zahlung der fälligen Miete. Ab Mai 2020 durfte die Filiale wieder öffnen; gleichzeitig erfolgte auch die Mietzahlung wieder. Nach eigenen Angaben beantragte die Filiale für alle Mitarbeitenden Kurzarbeit und erhielt zu keinem Zeitpunkt staatliche Geldleistungen. Der Vermieter nahm die Filiale daraufhin auf Zahlung der rückständigen Mieten in Anspruch. Erstinstanzlich verurteilte das LG Chemnitz die Mieterin zur vollständigen Zahlung der Miete. Das OLG Dresden wiederum entschied, dass die Miete hälftig gemindert werden müsse. Nunmehr liegt der Fall dem BGH zur Entscheidung vor.
Einigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass das Verwendungsrisiko beim Mieter liegt und damit auch ein Lockdown nicht zu einem Mietminderungsrecht nach §536 BGB führt. Auch wird die Möglichkeit der Gebrauchsüberlassung nicht aufgrund des gesetzlich angeordneten Lockdowns nach §275 BGB berührt. Weiterhin gingen das LG Chemnitz sowie das OLG Dresden beide von dem Bestehen einer gestörten Geschäftsgrundlage nach §313 BGB aus. Spätestens seit der gesetzlichen Neuregelung in Art. 240 §7 EGBGB ist auch der gesetzgeberische Wille zur Anwendbarkeit der Regelungen der gestörten Geschäftsgrundlage infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie unmissverständlich.
Streit besteht allerdings hinsichtlich der daraus resultierenden möglichen Konsequenzen. Grundsätzlich erfordert eine Mietanpassung aufgrund einer gestörten Geschäftsgrundlage ein zusätzliches normatives Element: die Unzumutbarkeit am Festhalten der unveränderten vertraglichen Bestimmungen. So beurteilte das LG Chemnitz das Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miete mangels Existenzgefährdung als nicht unzumutbar, während das OLG Dresden eine 50% Mietminderung aufgrund einer Äquivalenzstörung zwischen Mietzahlungspflicht und Gebrauchsüberlassung für angemessen hielt. Beide Ansichten finden Stimmen in der Rechtsprechung; so verlangte beispielsweise das OLG Karlsruhe ebenfalls eine Existenzgefährdung für ein Mietanpassungsrecht (Az.: 7 U 109/20) während das KG Berlin analog der Entscheid des OLG Dresden eine quotale Aufteilung aufgrund einer Äquivalenzstörung annahm.
Wie der BGH nun letztlich entscheidet, bleibt spannend. Wir halten Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden!