Doppelbesteuerungsabkommen – Allgemeines und neueste Entwicklungen

Doppelbesteuerungsabkommen – Allgemeines und neueste Entwicklungen

Doppelbesteuerungsabkommen spielen eine wichtige Rolle im internationalen Steuerrecht. Die Wettbewerbsfähigkeit international tätiger Unternehmen kann wesentlich gesteigert werden, wenn zusätzliche oder doppelte Steuerbelastungen gezielt vermieden werden.

Doppelbesteuerungsabkommen unterscheiden sich teils erheblich voneinander, obgleich die meisten dieser Abkommen sich an dem Muster des OECD orientieren. In diesem Beitrag sollen wichtige Inhalte sowie der Sinn und Zweck von Doppelsteuerungsabkommen aus der deutschen Perspektive sowie aktuelle Neuerungen dargestellt werden.

Was ist ein Doppelbesteuerungsabkommen und welchen Zweck hat es?

Bei Doppelbesteuerungsabkommen handelt es sich um einen völkerrechtliche Verträge zwischen zwei Staaten, welche die zwischen den Staaten geltenden Besteuerungsrechte und deren Umfang regeln. Grundsätzlich gilt für jeden Staat das Souveränitäts- und das Welteinkommensprinzip, wonach jeder Staat die auf seinem Staatsgebiet ansässigen steuerpflichtigen Personen selbst besteuern darf. Dies gilt für alle Einkünfte, unabhängig davon, wo diese erwirtschaftet worden sind. In Zeiten fortschreitender Globalisierung und vermehrter grenzüberschreitender Tätigkeiten ist die Art und Weise der Besteuerung insofern besonders relevant. Neben international tätigen Unternehmen sind jedoch auch Personen betroffen, die beispielsweise eine Immobilie im Ausland vermieten oder verpachten sowie Arbeitnehmer, die in einem Nachbarland oder in einer ausländischen Betriebsstätte ihres Unternehmens tätig sind. Wie genau die Besteuerung in solchen Sachverhalten vorzunehmen ist, wird in entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. Ziel ist es hierbei insbesondere, die Doppelbesteuerung effektiv und rechtssicher zu vermeiden.

Ausgangspunkt nationale Besteuerung

Wie obig bereits genannt, kann nach dem Souveränitäts- und dem Welteinkommensprinzip jeder Staat souverän die dort ansässigen Personen besteuern. Grundsätzlich ist hierbei zwischen beschränkter und uneingeschränkter Steuerpflicht zu unterscheiden.

Die uneingeschränkte Steuerpflicht richtet sich nach Nationalität und Ansässigkeit, d.h. dem Wohnsitz oder dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts. Grundsätzlich werden von dem Wohnsitzstaat alle Einkünfte aus dem In- sowie Ausland besteuert.

Bei der beschränkten Steuerpflicht gilt das Territorialitätsprinzip, hierbei wird lediglich das inländische Vermögen sowie Einkünfte besteuert, die aus inländischen Quellen stammen. In Deutschland gilt beispielsweise die beschränkte Einkommenssteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EstG für Personen, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, aber dennoch inländische Einkünfte haben.

Aufgrund dieser vorstehenden nationalen Regelungen zur Besteuerung kann es wegen paralleler ausländischer Regelungen zu Überschneidungen und sodann zur Doppelbesteuerung kommen.

Inhalt der Doppelbesteuerungsabkommen

Die jeweils zwischen den Staaten geltenden Doppelbesteuerungsabkommen regeln umfassend, wie die Besteuerung in grenzüberschreitenden Sachverhalten vorzunehmen ist. Sie enthalten – meist nach dem Vorbild der OECD-Musterabkommen – Regelungen zu Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, aus Unternehmensgewinnen, Dividenden oder etwa Einkünften aus unselbstständiger oder selbstständiger Arbeit.

Das OECD-Musterabkommen enthält in Art. 23 insbesondere zwei mögliche Ansätze zur Vermeidung der Doppelbesteuerung:

Zum einen wird – beispielsweise für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen oder für Gewinne einer Betriebsstätte – die Freistellungsmethode angewandt. Hiernach werden Einkünfte aus dem Quellenstaat von der Besteuerung freigestellt.

Alternativ kann – nach dem OECD-Abkommen für Dividenden – die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommen. Hierbei verzichtet der Quellenstaat teilweise auf die Besteuerung der dort generierten Einkünfte, sodass diese im Ansässigkeitsstaat angerechnet wird.

Einige Doppelbesteuerungsabkommen unterscheiden sich jedoch von dem OECD-Muster – so etwa das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA, welches ausschließlich die Anrechnungsmethode verwendet.

Mit den Abkommen wird insgesamt auch beabsichtigt, den Fall einer doppelten Nichtbesteuerung zu vermeiden – also den Fall, dass bestimmte Einkünfte gar nicht besteuert werden. Teils ist es in der Vergangenheit aufgrund unterschiedlicher Rechtsansichten zwischen einzelnen Staaten zu einer doppelten Nichtbesteuerung gekommen. Dem wird jedoch durch bestimmte Klauseln und Gesetze entgegengewirkt.

Rechtslage bei fehlendem Doppelbesteuerungsabkommen

Gerade, sofern es an einem Doppelbesteuerungsabkommen fehlt, stellt sich die Frage, wie eine Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Maßgeblich sind sodann allein die nationalen Regelungen. Regelmäßig findet hierbei eine Anrechnung oder ein Abzug von im Ausland gezahlten Steuern statt, was im Wesentlichen der o.g. Anrechnungsmethode entspricht. Die Anrechnung ist allerdings nach dem deutschen Einkommenssteuergesetz nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze zulässig (vgl. § 34c Abs. 1, Abs. 6 EstG). Soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung nicht vorliegen, wird hilfsweise ein Abzug der ausländischen Steuer vorgenommen. Auch der Abzug unterliegt allerdings besonderen Voraussetzungen (§ 34c Abs. 3 EstG).

Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen

Zum Beginn des Jahres 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Schreiben zum aktuellen Stand der Doppelbesteuerungsabkommen sowie der Abkommensverhandlungen veröffentlicht. Wichtig sind hierbei vor allem die folgenden Punkte:

1) Aussetzung der Doppelbesteuerungsabkommen mit Russland und Belarus

Die Russische Föderation hat bereits im August 2023 die „Aussetzung“ des mit Deutschland geltenden Doppelbesteuerungsabkommens mitgeteilt. Grundsätzlich führe die einseitige Suspendierung nach Ansicht des BMF nicht zu einer völkerrechtlich wirksamen Aufhebung des Vertrags. Deutsche Besteuerungsrechte werden jedoch aufgrund des Steueroasenabwehrgesetzes durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Russischen Föderation ab dem 01.01.2024 nicht mehr berührt.

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Belarus wurde zum 01. Januar 2025 ebenfalls vollständig ausgesetzt. Die einseitige Aussetzung einzelner Vorschriften des Abkommens erfolgte durch den Staat Belarus schon zum Juni 2024. Auch auf Aufforderung der Bundesregierung, dies wieder rückgängig zu machen, reagierte Belarus nicht. Dies stellt nach Ansicht der Bundesregierung einen Wesentlichen Bruch des Abkommens im Sinne der Wiener Vertragsrechtskonvention dar.

2) Hinweis auf nichtkooperative Steuerhoheitsgebiete

Das BMF weist in seinem Schreiben zudem auf nichtkooperative Steuerhoheitsgebiete hin – betroffen sind neben der Russischen Föderation (ab 2024) auch die Staaten Trinidad und Tobago ab dem Jahr 2022.

3) Modifikation bestimmter Steuerabkommen durch das MLI (Multiliterales Instrument)

Ab dem 01.01.02025 soll das MLI in Deutschland Anwendung finden. Nach einer Auswahlentscheidung sollen bestimmte Abkommen durch das MLI modifiziert werden. Dies gilt für die Steuerabkommen mit den Staaten Frankreich, Griechenland, Italien, Japan, Kroatien, Luxemburg, Malta, Österreich, Rumänien, Slowakei, Spanien, Tschechien, Türkei und Ungarn.

4) Angaben zum Stand der Doppelbesteuerungsabkommen

Zudem beinhaltet das obengenannte Schreiben des BMF weitere Angaben zum allgemeinen Stand der Doppelbesteuerungsabkommen und zu dem jeweiligen Verfahrensstand.

 

Gerne beraten wir Sie bei Fragen zum Themenkomplex der Doppelbesteuerungsabkommen.

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