Commercial Courts
Stärkung des Justizstandortes Deutschland und Englisch als Gerichtssprache
Am 4. Juli 2024 hat der Bundestag mit großer Mehrheit das sog. Justizstandort-Stärkungsgesetz verabschiedet, welches die Stärkung Deutschlands als Justizstandort durch die Einführung von Commercial Courts und der Sprache Englisch als Gerichtssprache vorsieht.
Commercial Courts
Die Einrichtung der Commercial Courts soll dabei durch neue Spruchkammern bei den Oberlandesgerichten erfolgen, bei welchen bedeutende zivilrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten erstinstanzlich verhandelt werden sollen. Umfasst sind nach dem Gesetzesentwurf Streitigkeiten ab einem Streitwert von 500.000,00 Euro.
Die Commercial Courts sollen dann zuständig sein, wenn die Parteien die Anrufung eines solchen Gerichts ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben.
Fehlt eine solche Vereinbarung, kann das Verfahren beim jeweils zuständigen Landgericht anhängig gemacht und die Verweisung an den Commercial Court in der Klageschrift beantragt werden.
Die Klage vor dem Commercial Court muss durch einen in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden.
Für die Einrichtung der Commercial Courts sollen die Bundesländer durch § 118b Abs. 1 GVG n.F. ermächtigt werden.
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde der Gesetzesentwurf dahingehend ergänzt, dass auch bestimmte Rechtsstreitigkeiten innerhalb von Unternehmen von der Zuständigkeit der Commercial Courts umfasst werden sollen. Die Streitwertgrenze wurde außerdem von 1 Millionen Euro auf die Hälfte herabgesetzt.
Ausgenommen sind hierbei Streitigkeiten auf den Rechtsgebieten gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht und unlauterer Wettbewerb.
Zuständig sollen die Commercial Courts daneben für Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensanteilen sowie Streitigkeiten zwischen einer Gesellschaft und den Mitgliedern des Leitungsorgans oder Aufsichtsrats sein. Die Sachgebiete können von den Ländern jedoch in bestimmtem Umfang beschränkt oder erstreckt werden.
Hat ein Land mehrere Oberlandesgerichte, wie beispielsweise Nordrhein-Westfahlen, so kann es bestimmen, in welchen davon ein Commercial Court eingerichtet werden soll. Zudem ist auch die Einrichtung länderübergreifender Commercial Courts durch entsprechende Vereinbarung der Länder untereinander möglich.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Commercial Courts kann eine Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt werden. Beabsichtigt ist es, auch im Revisionsverfahren die Gerichtssprache Englisch zu ermöglichen.
Gerichtssprache Englisch
Die Parteien können beim Commercial Court zwischen Deutsch und Englisch als Gerichtssprache wählen. Somit ist es besonders international tätigen Unternehmen möglich, Streitigkeiten in Deutschland einzuklagen und nicht auf Gerichte im Ausland ausweichen zu müssen. Auf diesem Wege kann letztlich der Justizstandort Deutschland gestärkt werden.
Entscheiden die Parteien sich ausdrücklich oder stillschweigend für Englisch als Gerichtssprache, erfolgen Verhandlungen sowie die Entscheidung auf Englisch. Die beklagte Partei kann die Sprachwahl innerhalb der Klageerwiderungsfrist rügen. Möglich ist gemäß § 184a Abs. 3 S. 2 GVG n.F. sogar eine bilinguale Verhandlung.
Innerhalb des Verfahrens soll es, soweit erforderlich, auch möglich sein, einen Dolmetscher oder Übersetzer heranzuziehen. Für englischsprachige Urkunden soll keine Übersetzung erforderlich sein, wohingegen die Übersetzung deutschsprachiger Urkunden beantragt werden kann.
Ausblick
Die Beratung des Bundesrats über den Gesetzesentwurf steht derzeit noch aus.
Insgesamt bietet das Justizstandort-Stärkungsgesetz eine Chance, Gerichtsverfahren vor deutschen Gerichten nicht nur interessensgerechter, sondern auch moderner zu gestalten. Die Spruchkörper verfügen künftig über eine bessere Spezialisierung auf Wirtschaftsstreitigkeiten sowie konzentrierte fachliche Expertise. Es kommt zu einer begrüßenswerten Internationalisierung der deutschen Justiz.
Bedenklich könnten gegebenenfalls Ungenauigkeiten sein, die aus der Übersetzung deutscher Rechtsbegriffe ins Englische folgen – aufgrund des abweichenden Rechtssystems im Anglo-Amerikanischen Raum lassen sich nicht alle Begriffe präzise übersetzen.
Wie groß die Nachfrage und die praktische Relevanz jedoch ausfallen wird, bleibt abzuwarten. So wurden in der Vergangenheit bereits Commercial Courts in Stuttgart, Mannheim sowie Frankfurt am Main eingerichtet – jedoch bislang nicht viel genutzt.